Erinnerungen von Kriegsteilnehmern und Kriegskindern und Orlamünde, Wilhelm: Unterschied zwischen den Seiten

Aus 57.Infanterie-Division
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'''Orlamünde, Wilhelm''' (* 10.03.1914 - vermisst 06.1944 Minsk)
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[[Bild:Orlamünde, Wilhelm.jpg|thumb]]
__FORCETOC__
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==Dienstgrad==
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Feldwebel
{| border="1" cellpadding="2" style ="margin: 0 0 0.5em 0.5em; background: #f9f9f9; border: 1px #AAA solid; border-collapse: collapse; empty-cells:show; float:right; clear:right;" width="300px"
 
!colspan="2" style="background-color:#E8E8E8; text-align:center;"| Einsatzgebiet Ukraine
 
|-
 
| colspan="2" style="text-align:center; font-size:smaller; vertical-align:top;" | [[Bild:ukraina.png|290x280px|center|Ukraina]] Ukraine
 
|-
 
| colspan="2" style="vertical-align:top; font-size:smaller;" |
 
{| style="background: #f9f9f9;"
 
| style="padding:0 0.3em 0 0;" | '''Sumy'''
 
| Сумська область
 
|-
 
| style="padding:0 0.3em 0 0;" | '''Poltawa'''
 
| Полтавська область
 
|-
 
| style="padding:0 0.3em 0 0;" | '''Tscherkassy'''
 
| Черкаська область
 
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|}
 
|}
 
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== Einleitung ==
 
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Nach Auszügen aus Niederschriften und Erzählungen von Angehörigen:<br/>
 
Danke an [[Benutzer:Jahrgang_39 | Albert Riß]] für diese Beiträge.
 
  
Hinweise des Verfassers:
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==Militärische Einheiten==
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Stab/[[Gren.Rgt.217]]
  
Verwendung fanden bei diesen Beiträgen auch Originaldokumente der Kriegszeit, die entsprechend erörtert und erläutert wurden.
+
==Hinweis==
Das Wenige, was ich von meinem im Jahre 1990 verstorbenen Vater weiß, versuchte ich darzustellen. Einige Dinge, die beschrieben 
+
Der Soldat war 1939 beheimatet in Weihenstephan/Oberbayern; Beruf: Braumeister.
sind, erlebte ich bewusst in den letzten Kriegsjahren als kleiner Junge.
 
 
 
 
 
 
 
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== Allgemeines ==
 
                                         
 
[[Bild:IR199-Marsch.png|thumb|Marsch IR 199]]
 
 
 
Marschieren, marschieren......
 
 
 
Die Stärke eines Infanterieregiments betrug im Regelfall 3.250 Mann. Ein solches Regiment verfügte über
 
683 Pferde, 210 bespannte Fahrzeuge und 73 Motorfahrzeuge. Durch die Schwierigkeiten, defekte Motorfahrzeuge zu ersetzen, mussten nach 1943 die Zahl solcher Fahrzeuge bei Infanterieregimentern vermindert und die Zahl der Pferdegespanne erhöht werden. Soldaten dieser Regimenter kamen nie in den Genuss, bei Kriegseinsätzen zum Einsatzort "gefahren zu werden".
 
 
 
Nur die Infanteriedivisionen mit dem Zusatz „mot.“ hatten einen höheren Motorisierungsgrad und wurden im Verbund
 
mit Panzerdivisionen eingesetzt. Im April 1943 wurden diese Divisionen in „Panzergrenadierdivisionen“ umbenannt.
 
 
 
Von unseren Vätern und Großvätern, die bei der 57. ID in einem der 3 Infanterieregimenter dienten, wissen wir,
 
dass die damaligen Angehörigen solcher Regimenter beim Vormarsch im Jahre 1941 bzw. 1942 täglich oftmals 30 km zurücklegten. Es gab aber auch Tage, da wurden 40 km am Tage marschiert. Wer heute im Urlaub bei
 
einer Tageswanderung einmal 20 km unterwegs ist, kann einigermaßen nachvollziehen, welche Leistungen
 
die Soldaten von Infanterieregimentern während des Krieges unter Beweis stellen mussten!
 
 
 
Das nebenstehende Bild aus dem Jahre 1942, zeigt eine Marschformation des Inf. Reg. 199. Außer 2 pferdebespannten Karren (wahrscheinlich handelte es sich dabei um die sogenannten "Gefechtskarren Nr. 9 der Infanterie")  sind keinerlei weitere Fahrzeuge zu sehen. Das schwere Gerät (MG, Granatwerfer und wahrscheinlich auch Tornister und Karabiner) wurde auf diesen Karren transportiert, um so eine gewisse Marscherleichterung zu erzielen! Was beim Betrachten des Bildes noch besonders auffällt,
 
ist die Tatsache, dass einige Soldaten während des Marsches aus dem Kochgeschirr essen. Man hatte ganz offensichtlich während des
 
Vormarsches in den Weiten Sowjetrusslands nicht die nötige Zeit, um das Essen vollständig während einer Marschpause einzunehmen!
 
 
 
 
 
Normale Infanteriedivisionen litten während des ganzen 2. Weltkrieges unter der mangelnden Motorisierung. 
 
 
 
Dieses Bild ist wohl typisch für die damalige Situation! Die Gewaltmärsche, die deutschen Infanteristen im 2. Weltkrieg
 
abverlangt wurden,  glichen den Verhältnissen der Kriege von 1870/71 und 1914/18 – welch ein Anachronismus!
 
 
 
== Technisches, Kriegsalltag und Kriegsverlauf ==
 
===Bekleidung===
 
<br />
 
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|width="20%" valign="top" | Walenki (Валенки)||width="80%" valign="top" colspan="1"| Nun zu der Sache mit den Walenkis (russ. валенок): Bei der deutschen Wehrmacht herrschte Ordnung und so mussten Dienstvorschriften genauestens vollzogen werden.|| rowspan="5" align="center"|[[Bild:walenki.png|thumb|russ. Winterstiefel <br>Валенки]]
 
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|width="20%" valign="top" |  ||width="80%" valign="top" colspan="1"| Das galt natürlich auch für die Zunft der Kammerfeldwebel, die den Soldaten die Ausrüstung verabreichten. Es hatte alles genauestens zu "passen": Die Dienstmütze, die Knobelbecher usw. Man passte also die Knobelbecher mit deutscher Genauigkeit genau der Fußgröße an. Die Folgen waren dann in den strengen Wintern der Jahre 1941/42 und 1942/43 verheerend. Hundertausende von Soldaten hatten massive Erfrierungen der Zehen. Meinen Vater erwischte es mehrmals.
 
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|width="20%" valign="top" |  ||width="80%" valign="top" colspan="1"| Er kam auch bei Kriegsende mit erfrorenen Zehen nach Hause!
 
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|width="20%" valign="top" |  ||width="80%" valign="top" colspan="1"| Bei den Russen gab es solche Dinge nicht, weil sie Filzstiefel trugen (Walenki). Deutsche Soldaten kamen dann ziemlich schnell dahinter, als sie bei gefallenen russischen Soldaten deren Stiefel erstmals sahen. Die Stiefel waren mindestens 1 Nummer größer als die eigentliche Schuhnummer verpasst worden und mit Zeitungspapier innen ausgefüllt. Das war der Grund, warum Soldaten der Roten Armee meist keine Erfrierungen der Zehen davontrugen.
 
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|width="20%" valign="top" | ||width="80%" valign="top" colspan="1"| Solche Walenki gefallener Soldaten der Roten Armee anzuziehen, das taten die deutschen Soldaten in aller Regel nicht. Da gab es wohl eine Art von Ehrenkodex. Wahrscheinlich wurde auch befürchtet, im Falle der Gefangenschaft liquidiert zu werden, wenn man Walenki trägt. Also gab es bei der Wehrmacht weiter diese Erfrierungen und einen vernünftigen Winterstiefel bekam die kämpfende Truppe bis zum Kriegsende auch nicht.
 
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===Bewaffnung===
 
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|width="20%" valign="top" | russ. Feldkanone SiS 3 ||width="80%" valign="top" colspan="1"| russ. Feldkanone SiS 3 / Kaliber 76 mm (russ. дивизионная пушка обр. 1942 г. (ЗиС-3))<br>Von dieser Kanone erzählte wohl jeder Soldat, der an der russischen Front war. Gemeinhin nannten die Soldaten diese wirkungsvolle Kanone der Roten Armee  &quot;Ratsch-Bumm&quot;.|| rowspan="3" align="center"|[[Bild:SiS-3.jpg|thumb|Feldkanone SiS 3 / 76 mm <br>(дивизионная пушка обр. 1942 г. (ЗиС-3))]]
 
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|width="20%" valign="top" |  ||width="80%" valign="top" colspan="1"| Wegen des überlangen Kanonenrohres verschoss die Kanone die Munition – auch
 
aufgrund der flachen Flugbahn – im Überschallbereich. Bei kurzen Entfernungen von 1000 bis 2000 m waren Abschussknall und Einschlag kaum noch von einander zu unterscheiden. Es gab also bei derart kurzen Kampfentfernungen keine Zeit mehr, Deckung zu suchen.
 
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|width="20%" valign="top" |  ||width="80%" valign="top" colspan="1"| Soldaten, die an die Ostfront neu abkommandiert waren, wurden im Rahmen einer allgemeinen Einweisung auf  den Wirkungsgrad der russ. Feldkanone besonders verwiesen.<br><br>[http://de.wikipedia.org/wiki/76-mm-Divisionskanone_M1942_(SiS-3)/ 76-mm-Divisionskanone]<br><br>
 
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|width="20%" valign="top" | [[T34|russ. T-34]] ||width="80%" valign="top" colspan="1"| Die ersten T 34-76 wurden von der Roten Armee Ende 1941  eingesetzt. Für die Wehrmacht war dies eine böse Überraschung. Die PaK 36-3,7 cm war nicht in der Lage, die massive Frontpanzerung des T 34-76 zu durchschlagen.|| rowspan="3" align="center"|[[Bild:T34_42.jpg|thumb|Panzer T-34/76-1940 mit kurzer Kanone]]
 
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|width="20%" valign="top" |  ||width="80%" valign="top" colspan="1"| Mit viel Glück konnte der T 34 durch Treffer am Turmdrehkranz oder Laufwerk bewegungsunfähig geschossen werden. Ab Ende 1941 gab es bei der Wehrmacht wieder einmal einen neuen Spitznamen für eine Waffe. Mit ironischem Sarkasmus nannten die Soldaten die PaK 36 fortan &quot;Heeresanklopfgerät&quot;.
 
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|width="20%" valign="top" |  ||width="80%" valign="top" colspan="1"| Mir erzählte mein Vater, dass liegen gebliebene T 34 von deutschen Soldaten anfangs immer genau inspiziert wurden. Man bestaunte die abgeschrägte und massive Frontpanzerung, die es in dieser Form bei den damaligen deutschen Panzern nicht gab. Überrascht war man
 
auch über das etwas grobschlächtige Äußere des T 34. So wurden Schweißnähte nicht geglättet, sondern im Urzustand belassen.
 
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|width="20%" valign="top" |  ||width="80%" valign="top" colspan="1"| Deutsche Soldaten, die erstmals das Innere des T 34 sahen, wunderten sich, dass neben dem Fahrersitz ein übergroßer Hammer lag. Irgendwann war dieses Rätsel gelöst: Das Getriebe des T 34 war recht schwergängig. Und wenn das Schalten der Gänge Probleme bereitete, dann schlug der russ. Panzerfahrer mit dem Hammer solange gegen den Schaltknüppel, bis es eben funktionierte.<br><br>[http://de.wikipedia.org/wiki/T34/ T-34 Panzer]<br><br>
 
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|width="20%" valign="top" | Maschinenpistolen ||width="80%" valign="top" colspan="1"| '''Die russische Maschinenpistole PPSch-41 und die deutsche Maschinenpistole MP-40'''
 
 
 
Die russische Maschinenpistole PPSch-41 ist wieder ein Beispiel für  eine robuste und
 
stets funktionsfähige Waffe der Roten Armee. Gegenüber der deutschen Maschinenpistole
 
MP-40 machte sie geradezu einen etwas primitiven Eindruck, aber in ihrer Wirkung
 
war sie erheblich besser und zuverlässiger als das deutsche Modell.
 
 
 
Deutsche Soldaten machten bald schlimme Erfahrungen mit der MP-40.
 
Wurde das Magazin mit 32 Patronen gefüllt, dann gab es
 
im Ernstfall Ladehemmungen. Das lag an der komplizierten Munitionszuführung und
 
wahrscheinlich auch am Federmechanismus des Ladesystems.
 
Jedenfalls wurde die Truppe deswegen angewiesen, das Magazin nur noch mit 28
 
Patronen zu füllen. Die deutschen Soldaten waren alles andere als zufrieden mit
 
dieser in der Tat unzuverlässigen Waffe.
 
 
 
Die russische PPSch-41 war dagegen eine sehr gute MP, die auch noch funktionierte, wenn sie einmal nicht gereinigt werden konnte. Der große Vorteil dieser
 
Waffe war das Trommelmagazin mit 71 Patronen.
 
 
 
Die deutsche Rüstungsindustrie versuchte die MP-40 zu verbessern und mit einem
 
Doppel-Stabmagazin auszustatten. In Großserie wurde diese Waffe aber nie produziert.
 
Und dann geschah schon etwas, was für deutsche Verhältnisse außergewöhnlich war:
 
Man übernahm bei der Wehrmacht stillschweigend aus Beutebeständen die PPSch-41
 
und verwendete sie mit russischer Munition als MP-717(r).
 
| rowspan="1" align="center"|[[Bild:russ-MP.png|thumb|PPSch-41]][[Bild:deu-MP.png|thumb|MP 40]]
 
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* [http://de.wikipedia.org/wiki/F-1_(Handgranate)/ Eierhandgranate]<br>
 
* [http://de.wikipedia.org/wiki/PPSch-41/ PPSch Maschienenpistole]<br>
 
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===Fahrzeuge / Flugzeuge===
 
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|width="20%" valign="top" | Polikarpow Po-2||width="80%" valign="top" colspan="1"| Im Soldatenjargon der Wehrmacht hieß diese Maschine „Nähmaschine“ wegen ihres eigentümlichen Motorengeräusches. Der Grundentwurf dieser Maschine stammte aus dem Jahre 1927. Das untermotorisierte Flugzeug hatte eine Höchstgeschwindigkeit um die 150 km/h.|| rowspan="3" align="center"|[[Bild:Po-2.jpg|thumb|Polikarpow Po-2 (Поликарпов по-2)]]
 
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|width="20%" valign="top" |  ||width="80%" valign="top" colspan="1"| Die Maschine wurde zu nächtlichen Störangriffen im Frontbereich eingesetzt. In gewisser Weise war diese Maschine von den deutschen Soldaten gefürchtet, weil auch Bomben abgeworfen wurden. Jedenfalls, so erzählte mir mein Vater, ging man in Deckung, wenn nachts die „Nähmaschine“ zu hören war.
 
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|width="20%" valign="top" |  ||width="80%" valign="top" colspan="1"| Vielfach wurde behauptet, dass diese Maschine gepanzert war. Das stellte sich jedoch als nicht zutreffend heraus. Das Flugzeug war in einer Mischbauweise aus Holz und Stoffbespannung gefertigt und stürzte wohl nach einzelnen Gewehrtreffern, sofern nicht der Pilot getroffen wurde, nicht sofort ab. Deshalb waren die deutschen Soldaten der Ansicht, das Flugzeug sei z. T. gepanzert. Wegen der geringen Geschwindigkeit setzte die Rote Armee dieses Flugzeug nur nachts ein.<br><br>[http://de.wikipedia.org/wiki/Polikarpow_Po-2/ Polikarpow Po-2]
 
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===Propaganda der Wehrmacht und der Roten Armee im Frontbereich===
 
 
 
 
 
Die Deutsche Wehrmacht begann nach dem Einmarsch in die Sowjetunion mit einer intensiven Propaganda. Die
 
richtete sich in erster Linie an die Soldaten der Roten Armee, aber auch an die Zivilbevölkerung.
 
Es gab auf deutscher Seite propagandistische Lautsprecherdurchsagen und sogar eine täuschend echt
 
gefälschte Ausgabe der PRAWDA mit einem Passierschein für Soldaten der Roten Armee.
 
 
 
In etwa gleicher Weise wirkte die Rote Armee im Frontbereich auf die Soldaten der Wehrmacht ein.
 
Es gab in Frontnähe mobile Lautsprecheranlagen. Lautsprecherdurchsagen mit Marschmusik waren meist
 
dann besonders häufig zu hören, wenn an der Front eine relative Ruhe herrschte. Auch die Rote Armee verbreitete in großem Umfang Passierscheine. Das taten im Übrigen auch die Amerikaner und Briten
 
während des 2. Weltkriegs.
 
 
 
Von Veteranen der 57. ID wissen wir, dass in den letzten Kriegsjahren die sowjetische Propaganda
 
an Schärfe zunahm. So wurden die Soldaten der 57. ID mitunter auch als "weißblaue Verbrecher" bezeichnet. Das war wohl eine Anspielung auf das takt. Zeichen der Division (weißblaues Rautenschild).
 
 
 
Immer wieder waren Soldaten der Division überrascht, mit welchen Einzelheiten die russische Propaganda aufwarten konnte. Beispielsweise wurden vereinzelt neu abkommandierte Regimentskommandeure über Lautsprecher namentlich begrüßt. Auch über Truppenverlegungen deutscher Einheiten von Frankreich an die Ostfront schien die Gegenseite oftmals bestens informiert gewesen
 
zu sein. Auch solche Verlegungen waren Anlass für "Begrüßungen" über Lautsprecher. Meist waren
 
das Wertungen des Inhalts, "nun ist Schluss mit dem Lotterleben, das diese Truppe bisher in
 
Frankreich ausleben konnte..."
 
 
 
[[Bild:CCCP-Passierschein.jpg|Passierschein der Russen]]                              [[Bild:US-Passierschein.jpg|Passierschein der USA]]
 
 
 
===Flugblätter des ''Nationalkomitees Freies Deutschland'' (ab 1943) bzw. Flugblätter, bei deren Gestaltung das ''Nationalkomitee'' mitwirkte===
 
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Bild:Flugbl. I.jpg|
 
Bild:Flugbl. II.jpg|
 
Bild:Flugbl. III.jpg|
 
Bild:Flugbl. IV.jpg|
 
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Vorstehende sowjetische Flugblätter erschienen ab 1943 - nach den großen Rückschlägen der deutschen Wehrmacht - und waren vielfach mit aufgedruckten
 
Passierscheinen versehen.
 
<br>
 
===Sowjetische Propaganda: die Frontzeitung "Soldatenfreund" vom 26. Juni 1941 in deutscher Sprache===
 
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Bild:Soldatenfr. 1.jpg|
 
Bild:Soldatenfr. 2.jpg|
 
Bild:Soldatenfr. 3.jpg|
 
Bild:Soldatenfr. 4.jpg|
 
</gallery>
 
Dieses erhalten gebliebene Exemplar der sowjetischen Frontzeitung "Soldatenfreund" stammt aus dem Nachlass des [[Freiherr von Grießenbeck]]. Es lohnt sich in der Tat, diese 4 Seiten (nach Vergrößerung der jeweiligen Seiten) durchzulesen. Sowjetrussland betrieb reinsten Klassenkampf und schwadronierte über Großgrundbesitzer, Weißgardisten und sonstige Klassenfeinde. Mit dieser Art von Propaganda konnte
 
man wohl kaum Soldaten der Wehrmacht beeinflussen oder sogar überzeugen!
 
 
 
 
 
===Das Flugblatt des Leutnants Beerenbrock===
 
 
 
Im Jahre 1942 musste ein deutscher Luftwaffenleutnant Beerenbrock mit seiner Me 109 im russischen Frontbereich notlanden. Dort geriet
 
er dann in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Die Vernehmungsoffiziere der Roten Armee wussten sehr bald, um wenn es sich bei diesem
 
Leutnant handelte. Beerenbrock war mit 117 Abschüssen einer der Asse der deutschen Luftwaffe. Leutnant Beerenbrock galt nach seiner
 
Notlandung als vermisst und das wusste auch die Rote Armee. Dann geschah etwas auch für die damaligen Verhältnisse Außergewöhnliches:
 
Leutnant Beerenbrock durfte sich aus der Gefangenschaft per Flugblatt als "lebend" melden. Natürlich war er auch gehalten, Erklärungen
 
abzugeben, die ganz im Sinne Sowjetrusslands waren.
 
 
 
Dieses erhalten gebliebene Exemplar des damaligen Flugblattes ist ein russ. Zufallsfund des Jahres 2011 und wurde im Forum der Wehrmacht veröffentlicht. Auf der Rückseite des Flugblattes durfte Beerenbrock sogar eine handschriftliche Mitteilung an seine Angehörigen hinterlassen. Nachstehend
 
veröffentlichen wir die beiden Seiten dieses sowjetischen Flugblattes.
 
 
 
Näheres zu Leutnant Beerenbrock unter: http://www.ritterkreuztraeger-1939-45.de/Luftwaffe/B/Be/Beerenbrock-Franz-Josef.htm
 
 
 
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Datei:Sowj. Flugblatt von 1942.jpg
 
Datei:Sowj. Flugblatt von 1942 Rückseite.jpg
 
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===Kriegsberichterstattung===
 
 
 
Die Kriegsberichterstattung ist eine besondere Form der psychologischen Kriegsführung, hat sie doch den Sinn, den Gegner zu
 
desinformieren und oftmals die eigenen Soldaten und das eigene Volk propagandistisch auf die Kriegsziele einzustimmen. Schon
 
Alexander der Große führte auf seinen Feldzügen Schreiber mit, die über seine Kriege berichten mussten. Mit der Einführung des
 
Buchdrucks (um 1450) war dann eine gezielte Berichterstattung über die damaligen Kriege gang und gäbe.
 
 
 
 
Der NS-Staat schuf schon 1938 sogenannte Propagandakompanien mit Kriegsberichterstattern, die allesamt uniformiert waren und Soldatenstatus
 
hatten. Die Kriegsberichterstatter unterlagen einer generellen Weisungsbefugnis. Obwohl sie vielfach im Zivilleben Journalisten und nicht Mitglieder
 
der NSDAP waren, mussten sie dennoch die staatlich gewollte Propaganda mit Wochenschauen, Bildreportagen usw. unters Volk bringen.
 
 
 
 
Bei der kämpfenden Truppen dürften diese Kriegsberichterstatter nicht immer besonders beliebt gewesen sein, zumal diese
 
"Pressesoldaten" immer Wert darauf legten, mit in die vorderste Linie genommen zu werden, um von dort filmen und fotografieren zu können. Viele Kriegsberichterstatter erlitten dabei Verwundungen oder sind bei der Berichterstattung im Frontbereich gefallen.
 
 
 
 
 
Wir verfügen über einen Bericht eines Kriegsberichterstatters zum Frontbereich Woronesh, Teile davon sind unten stehend veröffentlicht. Dieser Bericht ist durchaus lesenswert.
 
Er vermittelt in der Tat die damalige gezielte Propaganda des Staates. Man spricht nicht über eigene Verluste, nur über das Massensterben
 
und die großen Materialverluste des Gegners. Ganz in der Art des obersten Propagandisten Joseph Goebbels ist der Text in einem
 
guten Schreibstil gehalten. Dennoch wird der Gegner verunglimpft und sogar beschuldigt, Greueltaten begangen zu haben.
 
Was dabei als wahr oder unwahr dargestellt wurde, ist heute ohnehin nicht mehr zu ermitteln. Natürlich agierte die Sowjetunion in ähnlicher Weise. Interessant ist dabei auch wie jeweils die gegnerischen Truppen benannt wurden: Die Rote Armee bezeichnete man
 
als Bolschewisten und die Wehrmacht als Faschisten.
 
 
 
 
 
Die US-Army entwickelte die Berichterstattung über Kriege in moderner Form weiter. So genannte "Embedded Journalists" sind den
 
Kampftruppen zugeordnet. Natürlich handelt es sich dabei um zivile Journalisten, die keinem Weisungsrecht unterliegen. Doch auch
 
die USA verfolgen dabei den Zweck, ihre kriegerischen Auseinandersetzungen gezielt zu definieren und
 
dem Volk die angestrebten Kriegsziele plausibel zu machen.
 
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Datei:Woronesh1.jpg
 
Datei:Woronesh2.jpg
 
Datei:Woronesh3.jpg
 
Datei:Woronesh4.jpg
 
Datei:Woronesh5.jpg
 
Datei:Woronesh6.jpg
 
Datei:Woronesh7.jpg
 
Datei:Woronesh8.jpg
 
Datei:Woronesh9.jpg
 
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===Jagdoffizier und Militärjagdschein===
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Die Deutschen sind ja allgemein dafür bekannt, dass sie immer bestrebt sind, alles und jedes zu organisieren und gesetzlich zu normieren. Auch die deutsche Militärverwaltung in den besetzten Gebieten stellte dies unter Beweis.
 
 
 
 
 
Mit deutscher Gründlichkeit wurden Elemente des deutschen Jagdrechts (konkret: Inhalte des Reichsjagdgesetzes) auch z.B. in Frankreich und Polen umgesetzt. Es wurden für die jeweiligen Bezirke Jagdoffiziere der Wehrmacht bestellt, die über Abschüsse Buch zu führen hatten. Natürlich stellte man auch sog. Wehrmachtsjagdscheine aus. Mit diesen Wehrmachtsjagdscheinen waren deutsche Wehrmachtsangehörige (meist wohl nur höhere Unteroffiziersdienstgrade und Offiziere)
 
berechtigt, die Jagd im Feindesland auszuüben.
 
 
 
 
 
Auch die alliierten Soldaten (meist Offiziere) gingen unmittelbar nach Kriegsende in Deutschland auf die Jagd. Sie nahmen einfach ihr Gewehr, fuhren mit Jeeps in die Wälder und schossen auf Rehe und Hasen, ohne dass irgendwelche schriftlich fixierte Regelungen hierfür bestanden!
 
 
 
 
 
Zum Thema Jagdoffizier und Militärjagdschein stießen wir in den uns überlassenen Unterlagen des [[Freiherr von Grießenbeck]] (Kommandeur der Div.Nachsch.Tr. 157) auf Originalunterlagen dieser Zeit, die wir nachstehend veröffentlichen. Dieses Thema erschien uns auch deswegen
 
besonders interessant, weil es hierüber bisher kaum Veröffentlichungen gab!
 
 
 
 
 
Die damaligen Jagdoffiziere hatten mit Problemen zu kämpfen. So versuchten Unteroffiziere und Mannschaften - ohne jegliche
 
Vorkenntnisse und Berechtigungen - zu jagen. Franzosen, denen die Jagdausübung damals nicht erlaubt war, begannen mit
 
Fallen und Schlingen das Wild zu erlegen.
 
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Bild:J 001.jpg
 
Bild:J 002.jpg
 
Bild:J 003.jpg
 
Bild:J 004.jpg
 
Bild:J 005.jpg
 
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Bild:J 007.jpg
 
Bild:J 008.jpg
 
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===Die materielle Überlegenheit der Roten Armee===
 
 
 
Aus Erzählungen von Veteranen der 57. ID ist uns bekannt, dass ab 1942 die Rote Armee der Wehrmacht nicht nur personell, sondern
 
auch materiell stets überlegen war. Während es bei der Wehrmacht erhebliche Schwierigkeiten bereitete, zerstörte Waffen und Gerät
 
zügig zu ersetzen, schien dies bei der Roten Armee problemlos zu funktionieren. Das war natürlich nicht nur auf die Wirtschaftskraft der Sowjetunion zurückzuführen, sondern eine Auswirkung der Hilfslieferungen der westlichen Alliierten auf der
 
Grundlage des US Leih- und Pachtgesetzes vom März 1941.
 
 
 
 
 
Bei der Schlacht um Kiew im Herbst 1941, der größten Umfassungsschlacht des Russlandfeldzuges, vernichtete und erbeutete die Wehrmacht nahezu 1.000 Panzer,
 
3.000 Geschütze und vermutlich 15.000 Kraftfahrzeuge aller Art.
 
 
 
Auch in der nachfolgenden Kesselschlacht von Wjasma-Brjansk verlor die Rote
 
Armee ca. 1.200 weitere Panzer.
 
 
 
Nach diesen Erfolgen sah sich Hitler schon als Sieger. Er ließ durch den Reichspressechef erklären: "Dieser Gegner wird sich nie mehr erheben!"
 
 
 
 
 
 
 
Das war ein absoluter Trugschluss. Die USA lieferten schon ab Nov. 1941 (im Rahmen
 
des Leih- und Pachtgesetzes) Rüstungs- und Versorgungsgüter en masse an die Sowjetunion.
 
Insgesamt erhielt die Sowjetunion Güter im Wert von rund 11 Mrd. US-Dollar.
 
(u. a. 13.000 Panzer, 135.000 MGs, neunzig Millionen Meter Uniformtuch und elf
 
Millionen Paar Soldatenstiefel, Frachtschiffe und Flugzeuge aller Art, Treibstoffe,
 
Telefonleitungen usw.). Selbst Lebensmittel aller Art erhielt die Rote Armee, darunter Bortsch
 
in Würfelform gepresst. Die Sowjetunion legte bei den Lebensmitteln besonderen Wert
 
darauf, dass die Lieferung aus den USA für die Rotarmisten nicht erkenntlich war.
 
 
 
Die meisten dieser Güter kamen per Schiff über Murmansk. Trotz einiger erfolgreicher
 
Versenkungsaktionen von Konvoi-Schiffen durch die deutsche Luftwaffe und deutsche U-Boote
 
(z. B. Vernichtung des Geleitzuges „PQ 17“) erreichten von 16,5 Mio Tonnen Gesamtlieferung immerhin 15 Mio Tonnen die Sowjetunion.
 
 
 
Die Rote Armee war ab Ende 1941 wohl immer in der Lage, Ausfälle an Material und
 
Waffen problemlos zu ersetzen – dank der Hilfslieferungen der USA. Die Materialprobleme
 
bei der Wehrmacht waren da erheblich größer. Vielfach gelang es schon ab 1942 nicht mehr
 
alle materiellen Verluste zügig zu ersetzen. So war es damals schon der Regelfall, dass
 
bei vielen Panzerdivisionen der Sollstand an Fahrzeugen und Panzern nie mehr erreicht wurde. 
 
 
 
Heute steht zweifellos fest, dass die US-Lieferungen von Waffen und Güter aller Art an
 
Sowjetrussland von kriegsentscheidender Bedeutung waren.
 
 
 
 
 
===Die Heimatfront===
 
 
 
 
 
 
 
Begrifflich war "Die Heimatfront" keine propagandistische Erfindung des NS-Staates. In Großbritannien gab es
 
bereits während des I. Weltkrieges den Begriff "Homefront" und zur Zeit des II. Weltkrieges tauchte dieser Begriff dann
 
auch wieder in Großbritannien und den USA auf.
 
 
 
Das NS-Propagandaministerium unter Joseph Goebbels begann im Jahre 1939 das Volk in der Heimat bewusst und massiv auf
 
den Krieg vorzubereiten. Die NS-Größen waren sich im Klaren darüber, dass der Krieg keine Begeisterung auslösen wird, wie
 
dies 1914 der Fall gewesen war. Aber dennoch wollte man einen Durchhaltewillen und eine Verbundenheit zwischen Heimat und Front schaffen.  Dies gelang
 
bis zu einem gewissen Grade in den ersten Kriegsjahren wohl schon.
 
 
 
 
 
 
 
Die Kriegspropaganda war während der Kriegszeit überall präsent. In Städten und selbst in kleinen Landgemeinden hingen
 
Plakate wie "PST! Feind hört mit!", "Waffen schaffen für die Front" und natürlich der für Kinder übel aussehende "Kohlenklau"
 
hing überall als Plakat. Auch Lokomotiven der Reichsbahn wurden in diese Kriegspropaganda mit einbezogen. Die damals üblichen Dampflokomotiven trugen in großen weißen Lettern die Aufschrift "Räder müssen rollen für den Sieg". Man bediente sich auch des Rundfunks und des
 
Films (vor allem Wochenschauen) bei dieser Kriegspropaganda. Für kleine Kinder gab es immer am Abend die etwas schaurige Radio-Durchsage..."ich bin der Kohlenklau....". Und vor diesem Kohlenklau fürchteten sich kleine Kinder damals wohl mehr als vor
 
dem "Schwarzen Mann"....
 
 
 
 
 
 
 
Der Historiker Werner Maser beschreibt in seinem Buch "Deutschland Traum oder Trauma" (S. 429) treffend den Propaganda-Effekt:
 
...Die alles beherrschende, heroisch stilisierte Propaganda und die Angst als Loyalität, Solidarität und Gefolgschaftstreue
 
initiierende Elemente allein schufen nicht das Staatsvolk, das noch im Hochsommer 1944 fast mehrheitlich hinter Hitler stand. Dass
 
die Bevölkerung vielfach nicht durchschaute, was sich hinter den "Segnungen" und Propagandaversionen verbarg, ist eine Erkenntnis,
 
die zwischen 1933 und 1945 nur vereinzelt vorhanden war.....
 
 
 
 
 
Dass letztendlich die Heimat auch zur "Front" werden konnte, das war natürlich bei diesen Aktionen nicht "eingeplant". Als
 
dann die massiven Luftangriffe einsetzten, schuf der NS-Staat den Begriff "Terrorangriffe" und diese Wortschöpfung wurde
 
von der Bevölkerung tatsächlich auch übernommen. Ende 1944 überrannten die alliierten Truppen im Westen und Osten von Deutschland
 
die Wehrmacht und drangen in das Reichsgebiet ein. Die "Heimat" wurde zur "Front" und da kamen dann nur noch Durchhalteparolen
 
des NS-Staates zum Tragen, die kaum noch jemand ernst nehmen konnte.
 
 
 
 
 
Um die letzten Kraftreserven zu mobilisieren, ruft Hitler am 18. Oktober 1944 den "Volkssturm" auf. Selbst die körperlich noch nicht
 
oder nicht mehr Tauglichen zwischen 16 und 60 Jahren werden jetzt zum Wehrdienst herangezogen. Den Oberbefehl erhält der "Reichsführer SS" Heinrich Himmler, seit dem Attentat vom 20. Juli 1944 Innenminister und Befehlshaber des Heimatheeres.
 
 
 
 
 
Interessant ist auch die damalige fast schon ungeschminkte Darstellung staatlicher Stellen zur Kriegssituation. Im Monatsbericht
 
des Regierungspräsidenten von Oberbayern vom 7. April 1945 hieß es:....Durch militärische Ereignisse der letzten Wochen im Westen und Osten Schockwirkung bei gesamter Bevölkerung hervorgerufen, wie sie seit Kriegsbeginn noch nicht zu verzeichnen war. Stimmung im allgemeinen am Nullpunkt. Glaube an Sieg der deutschen Waffen stark geschwunden; selbst Volksgenossen, die vom Endsieg überzeugt waren, seit dem überraschend schnellen Vorstoß des Feindes im Westen ohne Hoffnung auf ein siegreiches Ende. Mit vollständiger Besetzung des deutschen Reichsgebietes durch die Feindmächte wird gerechnet.....
 
 
 
 
 
Die deutsche Zivilbevölkerung wollte anfangs 1945 nur noch
 
eines...ein schnelles Ende dieses schlimmen Krieges.
 
 
 
Nachstehend einige Plakate zu diesem Thema:
 
 
 
<gallery perrow="3">
 
Datei:Heimatfront 1.jpg
 
Datei:Heimatfront 2.jpg
 
Datei:Heimatfront 3.jpg
 
</gallery>
 
<gallery perrow="2">
 
Datei:Heimatfront 4.jpg
 
Datei:Heimatfront 5.jpg
 
</gallery>
 
 
 
===Die Versorgungslage===
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Das NS-Regime befasste sich bereits ab 1937 mit den Planungen zur  Versorgung der Zivilbevölkerung
 
und der Wehrmacht im Kriegsfalle. Bei diesen Planungen war man sich bewusst, dass ein weiterer
 
Krieg keine irgendwie geartete Begeisterung hervorrufen wird. Ein Großteil der Bevölkerung hatte noch
 
den Hungerwinter 1916/17 erlebt, den sogenannten Steckrübenwinter. Damals brach die Versorgung der
 
Zivilbevölkerung und der Soldaten an der Front teilweise zusammen. Ausschlaggebend
 
waren die wenigen Vorräte, die zur Verfügung standen sowie die Missernten des Jahres 1916. Seinerzeit
 
gab es in Deutschland Zivilisten, die an Unterernährung oder an Krankheiten wie Grippe starben, weil
 
sie körperlich zu stark geschwächt waren. Man geht heute davon aus, dass die Zahl derartiger Todesfälle
 
bei etwa 700.000 lag. Eine ausgewogene Versorgung von Bevölkerung und Wehrmacht war deshalb für den NS-Staat
 
bereits vor Kriegsbeginn eine wichtige Angelegenheit. Fast könnte man sagen, Hitler hatte dies zur
 
Chefsache gemacht.
 
 
 
 
 
Die Bevölkerung Deutschlands merkte kaum etwas von den gezielten Kriegsvorbereitungen - und die begannen bereits
 
in den Jahren 1935/36. Es fing an mit der Propaganda für den sogenannten "Eintopftag", damals noch verbunden mit
 
Sammlungen für das Winterhilfswerk. Aber in gewisser Weise wollte der NS-Staat wohl auch die Deutschen
 
auf eine Verknappung der Versorgung vorbereiten. Das Propagandaministerium veröffentlichte Fotos mit Hitler,
 
der im Kreise seiner Mitarbeiter einen Suppeneintopf löffelte. Bildunterschrift: "Eintopf auch beim Führer!"
 
 
 
 
 
Ab 1936 führte der NS-Staat den sogenannten Vierjahresplan ein. Schwerpunkt dieser Planungen war die Erlangung der wirtschaftlichen Autarkie und die zielstrebige Wiederaufrüstung.
 
Man wollte im Hinblick auf künftige Kriege möglichst von Importen diverser Güter unabhängig werden. Auch begann man, Produktionsverfahren
 
für synthetischen Gummi und synthetisches Benzin zu erproben.
 
 
 
 
 
In den letzten Jahren vor dem Kriegausbruch begann so zwangsläufig auch eine zielstrebige Propaganda für deutsche Waren, z.B. für Heringe.
 
Der Hintergrund dieser "vorausschauenden Propaganda" war sicher auch die spätere Realität, dass bei Lebensmitteln bestimmte Importwaren nicht mehr
 
zur Verfügung standen und man sich eben mit deutschen Lebensmitteln begnügen musste.
 
 
 
 
 
Die Ernten der Jahre 1938/39 waren überdurchschnittlich gut. Bei den Grundnahrungsmitteln Getreide,
 
Kartoffeln, Fleisch und Zucker konnte sich das Deutsche Reich 1939 zu 100 % selbst versorgen.
 
Mit  Beginn des Krieges begann sofort die Bewirtschaftung mit Lebensmittelkarten. Aber dennoch herrschte während des Krieges (von den letzten Monaten vor Kriegsende einmal abgesehen) kein gravierender Mangel an Lebensmitteln. Immerhin hatte der "Normalverbraucher" in den ersten Kriegsjahren jeden Sonntag Fleisch als Hauptgericht auf dem Tisch. 1939/40 wurden ihm 2435 Kalorien zugestanden, 1941/42 immer noch knapp 2000.  
 
 
 
 
 
Hunger litt die Zivilbevölkerung deshalb während der Kriegszeit bis etwa Ende 1944
 
nicht; so erlebte ich es auch als kleiner Junge. Natürlich fehlte es an besonderen Lebensmitteln wie z.B.
 
Südfrüchten und Reis. Insbesondere verschwanden bei Kriegsbeginn die sogenannten Importwaren (Kaffee, Kakao und natürlich alle exotischen Früchte) aus den Regalen;  Fleisch und Molkereiprodukte waren knapp. Aber man kam durchaus
 
über die Runden, zumal ab 1940 auch vom NS-Regime gezielt Lebensmittel in den besetzten Ländern
 
requiriert wurden. Natürlich waren die Deutschen während des Krieges auch sehr einfallsreich. Jedes Fleckchen Erde
 
wurde als Gartenland hergerichtet. Selbst Balkone und Fenstersimse waren mit Pflanzkübeln versehen, in denen
 
man Tomaten und allerlei Gemüse anpflanzte. Eingeweckt wurde so ziemlich alles: vom Apfelmus, über Tomaten
 
bis hin zu Bohnen. Selbst in noblen Wohngebieten der Städte wurden in den nun leeren Garagen (die PKWs waren
 
ja beschlagnahmt worden) Hühner und Hasen gehalten. Erst ab 1942/43 entstand allmählich eine Verknappung der gängigen Lebensmittel.
 
Dies war wohl auch bedingt, durch die Auswirkungen des Luftkrieges und die zunehmend verschlechterte Kriegslage. Im Laufe der
 
Kriegszeit wurden im Nahrungsmittelbereich vielfach Ersatz- und Zusatzstoffe eingeführt (Malzkaffee, Kunsthonig, Tartex-Brotaufstrich,
 
Zichorie usw.). Typisch für die damalige Zeit waren die sog. "Kriegsrezepte". Man bereitete z. B. aus Kartoffelteig durchaus
 
gut schmeckende Süßspeisen wie Apfelstrudel und ähnliche Gerichte. Über Tageszeitungen und Illustrierte wurden während der Kriegszeit
 
ständig "Kriegsrezepte" in Umlauf gebracht. Dabei ging es nicht nur um das übliche Essen, sondern auch um Brotaufstriche, die man
 
aus Zuckerrüben bereiten konnte und Beschreibungen, wie man aus Knochen, Pottasche und anderen Grundstoffen Kernseife herstellen
 
konnte.
 
 
 
 
 
Natürlich kam es während der Kriegsjahre auch zu einer Verknappung
 
der Heizmittel (Holz, Kohle, auch teilweise Gas und Strom) und deshalb führte man wieder die sogenannten Kochkisten ein. Das
 
waren gut isolierte Behälter, in denen gekochte Gerichte in Töpfen warm bzw. im Garzustand gehalten werden konnten. Während der letzten Kriegsjahre gab es dann sonderbare "Ersatzheizstoffe", nämlich gepresste Briketts aus Kohlenstaub, denen Ton beigemischt war. Solche Heizstoffe erzeugten natürlich wenig Wärme,
 
aber man konnte über mehrere Stunden Öfen in Betrieb halten, vor allem wenn man diese Briketts noch
 
mit Zeitungspapier umwickelte.
 
 
 
Die eigentlichen  Hungerjahre begannen erst in den letzten Kriegsmonaten und endeten anfangs 1948.
 
 
 
Mitunter ist heute die Rede davon, dass die kämpfende Truppe im Felde große Probleme mit der
 
Lebensmittelversorgung hatte. Mein Vater erzählte mir zwar auch von "gelegentlichen Engpässen" bei der Truppenversorgung. Nach seinen Aussagen
 
wurde die Truppe aber bis etwa Ende 1944 meist ausreichend mit Lebensmitteln versorgt.
 
Natürlich gab es bei den einzelnen Waffengattungen erhebliche
 
Unterschiede. So waren wahrscheinlich Infanteristen schon ein wenig "neidisch", wenn sie von der besonderen Verpflegung des
 
fliegenden Personals der Luftwaffe hörten. Dort gab es immerhin bis Kriegsende die Scho-Ka-Kola Schokolade und weitere
 
hochwertige Lebensmittel, über die Feldküchen der Infanteriedivisionen wohl meist nicht verfügten.
 
 
 
 
Der gefallene Kamerad Werner Rauchheld hinterließ einen handgeschriebenen Zettel, den ein Unteroffizier
 
der Feldküche für einen Trupp von 8 Soldaten  an Weihnachten 1942 ausfüllte, den wir unten stehend
 
veröffentlichen. Die Versorgung mit Rauchwaren, Gebäck, Sekt, Süßigkeiten usw. je Soldat kann man
 
für damalige Verhältnisse als „reichlich“ bezeichnen. Und damit ist  vielleicht auch die Behauptung von der
 
generell schlechten Versorgung der Truppe widerlegt. Engpässe gab es natürlich in Einzelfällen
 
auch (z.B. bei eingekesselten Truppenteilen wie in Stalingrad oder bei zeitlich beschränkten Nachschubproblemen).
 
 
 
Bei solchen „Sonderzuteilungen“ - wie an Weihnachten 1942 - verbesserte sich wahrscheinlich
 
auch die Stimmungslage bei der kämpfenden Truppe und das war ganz im Sinne des NS-Staates.
 
 
 
[[Bild:Weihnachtsration 1942.jpg|thumb|zentriert|Weihnachtsration 1942]]
 
<gallery>
 
Datei:Eintopfsonntag 1936.jpg|Propaganda für den Eintopf
 
Datei:Deutsche Heringe.jpg|Propaganda für deutsche Heringe
 
Datei:Kriegsrezepte.jpg|Kriegsrezepte
 
</gallery>
 
 
 
==Geschichten==
 
 
 
===Kinder im Krieg===
 
 
 
 
 
 
 
Kinder sind immer die Leidtragenden der Kriege! Soldaten der Wehrmacht
 
trafen in Kampfgebieten Russlands in den Jahren 1941 und 1942 - beim schnellen Vormarsch
 
- vielfach auf Zivilbevölkerung (meist nur Frauen, alte Männer
 
und Kinder), die infolge der Kriegswirren zwischen der deutschen und russischen Front
 
verblieben war.
 
 
 
Die materielle  Not der Zivilbevölkerung in den russ. Kampfgebieten war groß.
 
Mein Vater erlebte, das was ich jetzt schildere, etwa im Mai 1942 im Gebiet von Obojan,
 
einem damals ruhigen Frontabschnitt.
 
 
 
Die russischen Frauen und Männer waren gegenüber den Soldaten der Wehrmacht
 
sehr zurückhaltend. Die Kinder hatten da weniger Probleme. Sie waren plötzlich da
 
und baten um Brot.
 
 
 
Die Versorgungslage war damals gut und so gaben Soldaten des Regiments 199 der ID 57
 
Teile ihrer Kaltverpflegung ab  (Brot, Tubenkäse, Wurst u.ä). Die Kinder nahmen
 
diese „Geschenke“ mit nach Hause und versorgten damit auch ihre
 
Mütter. Man hatte richtiggehend Mitleid mit diesen ausgehungerten Kindern, wie mein Vater
 
erzählte.
 
 
Man wollte den Kindern etwas „Süßes“ bieten. Schokolade oder Bonbons gab es an der
 
Front nicht, aber Kunsthonig und den bekamen fortan die Kinder, die dann ganz begeistert
 
waren über diese „süße Pracht“ ......
 
 
 
Als fast 6-Jähriger erlebte ich 1945 das Kriegsende. Die deutsche Zivilbevölkerung litt
 
in den ersten Jahren buchstäblich an Hunger. Die US-Soldaten hatten anfangs ein striktes
 
Fraternisierungsverbot. Es gab also keinerlei Kontakte mit den Deutschen. Die deutschen
 
Kinder verhielten sich fast ebenso wie die russ. Kinder 1942 in Obojan: Sie hatten nicht
 
die geringsten Berührungsängste, was die US-Soldaten betraf.
 
 
 
Als mich meine Mutter im
 
Juli 1945 zum Einkaufen schickte, beschenkte mich ein farbiger US-Soldat (er war –
 
wie sich später herausstellte – Armeepfarrer) überreichlich mit Süßigkeiten.
 
Wenn Konvois der US-Armee durch die Straßen fuhren, dann standen wir Kinder
 
meist am Straßenrand, weil wir wussten, dass die Soldaten uns immer wieder Süßigkeiten
 
zuwarfen.....
 
 
 
Eigentlich versöhnlich ist dann doch die Tatsache, dass Soldaten aller Armeen
 
mit Kindern menschlich umgehen!
 
 
 
 
 
 
 
===Dekofrüchte===
 
 
 
Gewisse Obstsorten (z.B. Kirschen, Weintrauben) waren während des Krieges Mangelware. Meistens waren solche Obstsorten
 
nur gelegentlich als sog. Sonderzuteilung zu kaufen. Südfrüchte gab es während des Krieges überhaupt nicht, von italienischen
 
Zitronen einmal abgesehen, die es eventuell an Weihnachten stückweise zu kaufen gab.
 
 
 
Eine Besonderheit der Kriegszeit waren die sogenannten Dekofrüchte. In vielen damaligen Wohnzimmern wurden auf einer
 
Schale Früchte aller Art (auch Bananen, Orangen, Hawai-Ananas) präsentiert. Diese Früchte sahen zwar täuschend echt aus, aber leider
 
waren dies nur Dekofrüchte aus Wachs.
 
 
 
Aufgrund dieser Dekofrüchte wusste ich natürlich schon, wie Weintrauben, Bananen, Orangen usw. aussahen, auch wenn ich sie als
 
4-Jähriger noch nie gegessen hatte. Aber "kleine Wunder" gab es während der Kriegszeit auch! Ein Bruder meines Vaters war im
 
Sommer 1943 in Südrussland als Panzer-Soldat im Einsatz und in dieser Gegend gab es Orangen. Ganz überraschend bekamen wir ein
 
ziemlich kleines, braunes Feldpostpäckchen und das enthielt 6 Orangen, die wunderbar süß schmeckten. Auf die nächsten Orangen
 
musste ich leider bis nach dem Krieg warten. Meine erste Banane kaufte mir meine Mutter nach der Währungsreform im Monat August 1948 und die kostete damals 1,50 DM. Bei monatlichen Durchschnittsverdiensten von rund 200 DM war das eine "teuere Angelegenheit".
 
 
 
 
 
Dekofrüchte gibt es auch heute, wie das nachstehende Bild unter Beweis stellt. Im Gegensatz zur Kriegszeit werden Dekofrüchte
 
nur im gewerblichen Bereich zur Werbung und Präsentation verwendet. Solches "Kunstobst" wird nun aus hochwertigem Kunststoff
 
hergestellt.
 
[[Bild:Dekofrüchte.jpg|thumb]]
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
===Der Endsieg - und was Soldaten an der Ostfront davon hielten===
 
 
 
Die Generation der Söhne hatte noch die Möglichkeit, mit Teilnehmern des Russlandfeldzuges über die damalige
 
Stimmungslage an der Front zu reden. Was man da von Vätern, Verwandten und Bekannten erfuhr, die damals
 
als Soldaten in Russland den Krieg erlebten, war wohl eine ziemlich gleiche Bewertung der damaligen Verhältnisse.
 
 
 
 
 
Manche Soldaten – auch solche mit kritischer Einstellung zum NS-Staat – dachten nach den erfolgreichen Feldzügen
 
gegen Polen und Frankreich, dass nun der Krieg zu Ende sei oder aber, dass bei einer Fortführung des
 
Krieges Deutschland weitere Siege erringen könnte.
 
 
 
Viele der erfahrenen Berufssoldaten waren 1941 sehr skeptisch, als der Krieg im Osten begann. Die Rückschläge
 
in Russland (vor allem vor Moskau) ließen den Glaube an ein siegreiches Ende des Russlandfeldzuges
 
schwinden. Der Frontsoldat erkannte an der harten Realität, dass der Krieg in Russland nicht ohne weiteres
 
siegreich zu beenden war. Etwas Hoffnung kam dann auf, als im Sommer 1942 der Vormarsch im Mittel- und Südabschnitt
 
begann.
 
 
 
 
 
Nach der Katastrophe von Stalingrad gab es – von einigen Ausnahmen abgesehen, wie z.B. die Wiedereroberung Charkows -
 
für die deutschen Armeen nur noch Rückzugsgefechte. Die Sportpalastrede von Reichsminister Goebbels am
 
18.Februar 1943 war für viele Soldaten der Hinweis für eine Art von Endzeitstimmung. Losungen wie „totaler
 
Krieg“ oder die Parole vom „Endsieg“ wurden von den meisten Frontsoldaten nicht als realistisch angesehen.
 
 
 
 
 
Ja, fragte ich meinen Vater, was dachten die Soldaten an der Front, als es nur noch Rückzugsgefechte gab.
 
Die Antwort, die ich erhielt, war ziemlich lapidar! Die Soldaten hatten bei den oft harten Gefechten und hohen
 
Verlusten ganz andere Probleme, als intensiv darüber nachzudenken, wie dieser Krieg wohl enden würde.
 
Man glaubte zwar nicht an den Endsieg und an die berühmten Wunderwaffen, doch 1943/44  gab es noch einen Rest von
 
Hoffnung, dass dieser Krieg irgendwie einmal zu Ende gehen würde. Ein Kriegsende, wie es dann 1945 eintrat,
 
erwartete man in dieser schlimmen Form eigentlich wohl nicht. Es gab ja immer die berühmten Gerüchte an der
 
Front, wie z. B. des Inhalts, dass Stalin und Hitler in Schweden durch Abgesandte Geheimverhandlungen 
 
über einen Waffenstillstand führen würden.
 
 
 
 
 
Heute wissen wir, dass diese Gerüchte auf Tatsachen beruhten. Seit Dezember 1942 versuchte die Sowjetunion über
 
die von einer Frau Kollontai geleitete Stockholmer Botschaft Kontakt mit Vertretern des Deutschen Reichs aufzunehmen,
 
um zu "Friedensgesprächen einzuladen". Dies scheiterte an der Weigerung Hitlers im September 1943. Im März und April 1944
 
erwog Hitler, von Goebbels gedrängt, nun doch Verhandlungen mit der Sowjetunion zu führen. Aber dies geschah nur halbherzig
 
und war angesichts der Kriegslage schon aussichtslos. (Quelle: Deutschland Traum oder Trauma (S. 436, 437), von Werner Maser, Droemersche
 
Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf., 1984). Vorgespräche über ein Ende des deutsch-sowjetischen Krieges fanden definitiv auf einer
 
etwas unteren Ebene statt. Seit Dezember 1942 trafen sich in Stockholm mehrmals ein Herr Edgar Klein und ein Dr. Peter Kleist.
 
Beide Herren sprachen wie vernünftige Menschen miteinander, ob es nicht nunmehr an der Zeit sei, den für beiden Seiten so opferreichen Kampf im Osten durch eine deutsch-sowjetische Übereinkunft zu beenden. Dr. Peter Kleist war nicht "irgendwer". Als Ministerialdirigent im Auswärtigen Amt befand er sich mit einem Spezialauftrag Ribbentrops in Stockholm. Hitler wird davon wohl gewusst haben.
 
Herr Edgar Claus war zweifelsfrei legitimiert als Mittelsmann der Sowjetregierung und Vertrauensmann Alexandrows, des Leiters der Deutschlandabteilung im sowjetischen Außenministerium. Leider kamen diese Gespräche über ein "gewisses Abtasten" nicht hinaus und wurden dann eingestellt (Quelle: Odyssee in Rot von Heinrich Gerlach, Büchergilde Gutenberg, S. 229).
 
 
 
 
 
In der letzten Phase des Krieges versuchte dann der NS-Staat die Wehrmacht zu politisieren. Man führte nach
 
dem 20.7. 1944 bei den Soldaten den Deutschen Gruß ein. Der Erfolg blieb aus, man grüßte weiterhin in der
 
üblichen militärischen Form. Die Einführung des NS-Führungsoffiziers sollte die Wehrmacht in massiver Form
 
politisch beeinflussen. Es muss für den NS-Staat eine recht negative Erfahrung gewesen sein, als die Meldungen
 
für solche Posten dürftig ausfielen. Viele fachlich gut qualifizierte Offiziere lehnten schlichtweg mit
 
der Begründung ab, sie wollen lieber in ihrer bisherigen Funktion bei der kämpfenden Truppe bleiben. Eigentlich
 
hatte man vor, Mitglieder der NSDAP zu gewinnen (bis 24.9.1944 ruhte bei Mitgliedern des NSDAP die Mitgliedschaft während der Wehrmachtszugehörigkeit; danach konnte jeder Soldat der NSDAP beitreten).  Aber Parteimitglieder  gab es nicht viele in der
 
Wehrmacht; letztendlich nahm man jeden als NS-Führungsoffizier. Eine Mitgliedschaft in der NSDAP wurde
 
deshalb ausdrücklich nicht gefordert!
 
 
 
 
 
Der letzte Rest von Hoffnung schwand bei den Soldaten, wenn sie während des Heimaturlaubs den Bombenkrieg im Luftschutzkeller
 
erleben mussten. In der Endphase des Krieges hoffte wohl jeder Soldat an der Ostfront, dass er diesen
 
Krieg lebend überstehen wird. Die Kampfmoral nahm ab; es ging nur noch um das nackte Überleben.....
 
[[Datei:Endsieg.jpg|thumb|Ein typisches Plakat zum "Endsieg-Glaube"]]
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
===Der "Weiß-Ferdl-Rock"===
 
 
 
 
 
 
 
Das Heer hatte einen recht pompösen Paraderock, der auch als Waffenrock bezeichnet wurde. Diese Uniformjacke war sehr eng geschnitten
 
und hatte auffällige Applikationen an den Ärmelenden. Besonders beliebt war sie wohl nicht, diese enge und altmodische Uniformjacke.
 
Im süddeutschen Raum hatten die Soldaten gleich wieder einen Spitznamen für diese Uniform parat: Sie nannten die Uniformjacke „Weiß-Ferdl-Rock“, weil der damals allseits bekannte Münchner Komiker oftmals in Phantasieuniformen auftrat, die ähnliche Verzierungen an den Ärmelenden aufwiesen. Erst kürzlich erfuhr ich, dass dieser Uniformrock auch als "Sarrasani-Rock" bezeichnet wurde.
 
 
 
 
 
Prächtig war sie schon diese Uniform! Jedenfalls hatten Feldwebel aufwendige Kragenspiegel
 
wie Stabsoffiziere im Rang eines Obersten. Unteroffiziere und Offiziere ließen sich oftmals
 
diese Uniform privat schneidern (meist in recht guter Passform und in besserer Stoffqualität).
 
 
 
Die Produktion des Parade- bzw. Waffenrocks wurde 1940 eingestellt.
 
 
 
Ab 1940 wurde dieses Uniformteil auch nicht mehr an neu eingezogene Soldaten ausgegeben.
 
 
 
Während des ganzen Krieges hing diese Paradeuniform bei uns zu Hause wohlverwahrt im
 
Kleiderschrank.
 
 
 
In den Krieg zogen die Soldaten der Wehrmacht mit der üblichen Uniform, die weder ausreichend gegen Kälte noch Nässe schützte. Die US-Armee und die Soldaten der Roten Armee verfügten schon
 
bald während des Krieges über Kampfanzüge, die aus wasser- und windabweisenden Stoffen hergestellt waren.
 
Die Soldaten der Wehrmacht hatten als Wetterschutz in den Jahren bis 1944
 
nur eine Zeltplane zur Verfügung, die gegen die größten Unbilden der Witterung schützen sollte. Eigentlich ein Armutszeugnis
 
für den NS-Staat! Man hatte zwar für Paraden die passende Uniform, schickte aber die Soldaten der Wehrmacht in absolut unzureichender Ausstattung in den Krieg!
 
 
 
Tarnanzüge aus wasserundurchlässigen Stoffen kamen bei der Wehrmacht erst in den den
 
letzten Kriegsmonaten zur Verwendung. Einheiten der SS hatten solche Tarnuniformen
 
schon früher im Einsatz.
 
 
 
Die Paradeuniform hing also nach Kriegsende noch immer im Kleiderschrank meiner Eltern,
 
bis dann eine Änderungsschneiderin daraus einen richtigen schicken Trachtenjanker schneiderte, den mein Vater in den Nachkriegsjahren in seiner Freizeit trug.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
[[Bild:Weiß-Ferdl-Rock 1.jpg]]                              [[Bild:Weiß-Fedl-Rock 2.jpg]] 
 
             
 
Bild 1: Die Chargen der Feldwebel heirateten natürlich in Paradeuniform und als Portepee-Unteroffiziere mit umgeschnallten Degen!
 
        Hinten rechts (mit Schützenschnur): Albert Riß   
 
Bild 2: Abmarsch zur Vereidigung. Die Truppe trägt Paradeuniform; der Offizier im Vordergrund die normale Dienstuniform und
 
        Paradekoppel für Offiziere. Zweiter von links (mit Schützenschnur): Albert Riß
 
 
 
===Fronturlaub===                       
 
[[Bild:Heimaturlaub.jpg|thumb|Vor der Abfahrt an die Ostfront]]
 
 
 
Es gab zwar nach 1942 an der Ostfront immer wieder Urlaubssperren, aber trotzdem legten die Kompaniechefs Wert darauf, dass die
 
unterstellten Soldaten nach Möglichkeit einmal alle 12 Monate Heimaturlaub bekamen, sofern die  Frontlage
 
dies zuließ. Die allseits beliebten "Sonderurlaube" gab es zusätzlich bei besonderen familiären Ereignissen (Taufe, Hochzeit, usw.), aber auch nach Bombenangriffen in der Heimat, wenn Bombenschäden eingetreten und Familienangehörigen als "ausgebombt" klassifiziert waren.
 
 
 
Die Soldaten traten den Heimaturlaub in voller Montur an (Uniform, Gasmaske, Stahlhelm, Karabiner bzw. Sturmgewehr oder Pistole mit
 
der dazu passenden Munition). In dieser Aufmachung kam mein Vater auf Heimaturlaub und so ging es auch wieder zurück an die Front.
 
An Heimaturlaube meines Vaters (Ende 1943 bzw. 1944) kann ich mich noch erinnern. Besonders in Erinnerung verblieb mir ein Urlaub
 
Ende 1944, da kam mein Vater in einer Tarnuniform (Flecktarn wie die damaligen Dreieckszeltplanen der Wehrmacht) zu Hause an. Diese
 
Uniform war alles andere als sauber; sie wurde sofort von meiner Mutter gewaschen.
 
 
 
Aus den Erzählungen meines Vaters weiß ich, wovon der Frontsoldat so träumte: von einem ausgiebigen Wannenbad und einem kühlen Bier.
 
Unser damaliger Hausbesitzer war als Bierfahrer (seinerzeit noch mit Brauereipferden) bei einer großen Brauerei angestellt und der gab
 
von seinem Haustrunk (täglich 3 Liter Bier) einige Flaschen an meinen Vater ab. Ob es sich dabei um das in der Kriegszeit übliche
 
Dünnbier oder um eine bessere Bierqualität (also Vollbier) handelte, ist mir nicht bekannt.
 
 
 
Das Ende eines solchen Fronturlaubes muss für alle Beteiligten irgenwie schlimm gewesen sein. Er herrschte ja die Angst, ob Frau
 
und Kind den Ehemann und Vater je wieder gesund und lebend sehen werden. Abschiede auf den Bahnhöfen verliefen zuweilen wohl tränenreich. Das nebenstehende Bild (aufgenommen Ende 1943 - vor der Abfahrt an die Front) bedarf deshalb keines weiteren Kommentars.
 
Jedenfalls blickten mein Vater und ich "tapfer lächelnd" in die Kamera!
 
 
 
Solche Fotos vom Abschied der Fronturlauber machten vielfach Berufsfotografen, die beim damaligen Andrang auf den
 
Bahnsteigen der Bahnhöfe wahrscheinlich gut beschäftigt waren. Der Stempelaufdruck auf der Rückseite des nebenstehenden
 
Bildes beweist auch in diesem Fall, dass das Foto von einem Fotoatelier stammt.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
===Die Genesendenkompanie beim Ers.Btl. 199....===
 
 
 
Soldaten des Inf. Reg. 199 der 57 ID  kamen nach ihren Verwundungen immer zur Genesendenkompanie des Ers.Btl.199. Volkstümlich
 
nannte man solche Kompanien damals „Genesungskompanie“. Mein Vater wurde während des Krieges mehrmals verwundet und war  danach
 
immer wieder beim Ers.Btl. 199.
 
 
 
In den Monaten September / Oktober 1943 war mein Vater erneut bei dieser Genesendenkompanie. Ich durfte ihn zusammen mit meiner
 
Mutter in Brannenburg besuchen. Damals war ich im 5. Lebensjahr. Die Eindrücke waren für mich so überwältigend, dass mir eine gute
 
Erinnerung an die damalige Zeit verblieben ist. Tagsüber war mein Vater im Dienst. Am Abend kehrten wir jeweils in einer Gaststätte in
 
Brannenburg ein. In dieser Gaststätte erhielten Soldaten und deren Angehörige Suppe und Pfannenkuchen ohne Abgabe von Lebensmittelmarken.
 
Für damalige Verhältnisse war das eine Sensation!
 
 
 
Meinen Vater sah ich damals nur in Uniform – auch wenn wir privat unterwegs waren. So fuhren wir auf den Wendelstein und machten
 
an eineme anderen Tag - bei strömenden Regen - einen Ausflug mit einem Dampfer auf dem Chiemsee. Meine Mutter und ich waren 8 Tage in einem Privatquartier untergebracht,
 
das wahrscheinlich vom Ers.Btl. 199 gebucht worden war.
 
 
 
Im Oktober 1943 wurde das '''Res. Ers. Btl. 199''' nach Digne-les-Bains / Frankreich (nördlich von Nizza) verlegt. Dieser Truppenteil bestand
 
nach den Erzählungen meines Vaters zu einem großen Teil aus sog. Reichsdeutschen aus dem slowenischen und kroatischen Teil des
 
damaligen Jugoslawiens. Mein Vater gehörte zum Begleitkommando des Bahntransportes.
 
 
 
Bei der Rückfahrt kam mein Vater auch nach Nizza. Er war – wie er erzählte - erstaunt über das reichhaltige und modische Angebot an
 
Kleidung in einem Kaufhaus in Nizza.
 
Er bekam in diesem Kaufhaus aber nichts zu kaufen. Eine Verkäuferin lief
 
ihm nach und erklärte ihm, dass sie wegen ihrer Landsleute vorsichtig sein müsse, sofern sie deutschen Soldaten etwas verkaufe.
 
 
 
Mein Vater solle am Abend nochmals kommen und vor allem "Essbares" mitbringen.
 
Die deutsch sprechende Angestellte erklärte, dass es Probleme
 
mit der Nahrungsmittelversorgung gebe. Mein Vater besorgte Brot, Wurst,
 
Tubenkäse und Kunsthonig und bekam dann am Abend in diesem Kaufhaus
 
einen Damenschirm, ein Chiffonhalstuch und Damenhandschuhe sowie eine beachtliche Menge an Walnüssen. Die Waren wurden zwar mit
 
Geld bezahlt, aber die Lebensmittel waren für das franz. Verkaufspersonal wichtiger.
 
 
 
Im Oktober 1943 aß ich dann das erste Mal in meinem Leben Walnüsse. Nach 2 Tagen, die er zu Hause verbrachte, wurde mein Vater
 
dann noch im Monat Oktober 1943 wieder an die Ostfront abkommandiert.
 
 
 
[[Bild:Nizza 1.jpg]]                                          [[Bild:Nizza 2.jpg]]
 
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Bild 1: Französische Torpedoboote liegen in Nizza vor Anker - Okt. 1943
 
        Nach der Niederlage mussten die Franzosen ihre Flotte nicht ausliefern.
 
        Die Schiffe lagen (abgerüstet und ohne Munition) in Toulon und den sonstigen Häfen
 
        bzw. Liegeplätzen. Deshalb lagen auch diese Torpedoboote in Nizza vor Anker.
 
Bild 2: Reger Badebetrieb am Strand von Nizza - Okt. 1943
 
        Im Oktober 1943 herrschte in Nizza - von den Mängeln in der Lebensmittelversorgung
 
        einmal abgesehen - friedensmäßiges Treiben. Vom 2. Weltkrieg war Südfrankreich bis
 
        dahin weitgehend verschont geblieben. Erst am 26. Mai 1944 erlebte Nizza eine
 
        Beschießung durch alliierte Kriegsschiffe und Fliegerangriffe. Am 15. September 1944
 
        begann dann die "Operation Dragoon" - die Invasion der Alliierten in Südfrankreich.
 
 
 
===Luftangriffe der Alliierten===
 
 
 
Süddeutschland blieb anfangs des Krieges noch einigermaßen verschont von Luftangriffen.
 
Ab 1943 fielen dann aber auch im Süden Deutschlands in den Ballungsgebieten der Städte vermehrt
 
die Bomben.
 
Beim Tag kamen die US-Bomber und bei Nacht die Bomber der Royal-Air-Force. Die Bevölkerung
 
verwendete vielfach nicht die Begriffe „Luftangriff“ oder „Bombenangriff“, sondern den vom NS-Staat
 
vorgegebenen Ausdruck
 
„Terrorangriff“. Damit kann man in etwa auch die damalige Stimmungslage der Zivilbevölkerung
 
nachvollziehen. Selbst Menschen, die mit dem NS-Staat nichts „am Hut“ hatten, sahen das
 
Vorgehen der Alliierten als „Terror“ an.
 
 
 
 
 
Ab 1944 erlebte ich die Luftangriffe sehr bewusst. Wir wohnten in einer Stadtrandgemeinde von
 
Augsburg und hatten in den letzten beiden Kriegsjahren mehrmals wöchentlich bei Tag oder Nacht
 
Bombenalarm. Im Jahr 1944 wurde mir – wie anderen Kindern auch – eine Gasmaske verpasst.
 
Die Anprobe empfand ich damals als ausgesprochen unangenehm. Vom schlimmsten
 
Bombenangriff, der am 26./27.Februar 1944 erfolgte, blieben meine Mutter und ich verschont. Wir
 
waren
 
an diesen Tagen bei meiner Großmutter,  in einem Dorf, 12 km von unserer Wohnung entfernt.
 
Diesen schlimmen Angriff bekam man sogar aus dieser Entfernung mit, weil die Bomber
 
Tag und Nacht Augsburg bombardierten. Es gab damals 730 Todesopfer unter der Zivilbevölkerung
 
und über 80.000 Menschen, die durch die Angriffe ihre Wohnung verloren hatten. Am 28.Februar
 
1944, bei viel Schnee und Kälte, ging es zurück in unsere Wohnung. Ich saß auf einem Schlitten,
 
den meine Mutter zog. In Augsburg und Umgebung herrschte tagelang eine unwirkliche
 
Stimmung: Man sah keinen richtigen Himmel und keine Sonne mehr. Alles lag im Halbdunkel,
 
der Himmel hatte die Farbe eines Milchkaffees angenommen und der Geruch der Brände war
 
allgegenwärtig. Wir hatten Glück, das Haus, in dem wir damals wohnten, stand noch.
 
 
 
 
 
Wir wohnten in einem Doppelhaus. Im Kellergeschoss beider Häuser wurde die Wand für einen
 
Durchgang geöffnet und mit einer kleinen Tür versehen, die nicht abgesperrt werden konnte.
 
Im Falle eines Bombentreffers hätten sich die Bewohner einer Doppelhaushälfte in das andere
 
Haus retten können. Für uns Kinder war diese Neuerung eine feine Sache beim
 
„Versteckenspielen“, wir entwischten einfach ins Nachbarhaus.
 
 
 
 
 
Und dann mussten auf den Treppenabsätzen der Geschosse Eimer mit Wasser und Sand aufgestellt
 
werden, die für den Brandfall bereit standen. Unser Keller wurde mit dicken Balken abgestützt und
 
so zum Luftschutzkeller hergerichtet.
 
 
 
 
 
So schlimm diese Zeit auch war, es gab einen gewissen Gewöhnungseffekt. Meine Mutter und ich
 
wir hatten Rucksäcke und Umhängetaschen mit den nötigsten Dingen
 
und damit ging es dann in den Luftschutzkeller. Die Angst, diese und jene
 
Dinge bei einem Bombenangriff zu verlieren, hatte manchmal schon sonderbare Reaktionen
 
zur Folge.
 
Es war sicher noch „normal“, den Wellensittich in den Luftschutzkeller samt Käfig mitzunehmen.
 
Etwas
 
außerhalb der Norm war vielleicht das Verhalten meiner Mutter, sie nahm bei jedem Bombenalarm
 
ihren MENDE-Radio in einer Transportkiste mit in den Keller.
 
 
 
 
 
Im Keller sehnte man dann das Ende des Luftangriffes herbei, immer in der Angst, dass eine Bombe
 
das Wohnhaus treffen könnte. Nach dem Bombenalarm liefen alle ins Freie, um zu sehen, welche
 
Schäden entstanden waren. Mehrmals gingen an unserem Wohnhaus durch den Luftdruck von
 
Bombenabwürfen in nächster Nähe Fensterscheiben zu Bruch. Problematisch war dann immer,
 
einen Glaser zu finden,
 
der die Fenster reparieren konnte. Glas war damals Mangelware. In den letzten Kriegsmonaten
 
wurden deshalb
 
kaputte Fenster vielfach nur noch mit Pappe provisorisch abgedichtet.
 
 
 
 
 
Je länger der Krieg dauerte, umso näher kamen die Bombenabwürfe. Ein Nachbarhaus – ca. 50 m
 
entfernt – wurde von einem Blindgänger getroffen, der einen Balkon und eine Terrasse zerstörte.
 
Am nächsten Tag wurde die Bombe entschärft und geborgen und während dieser Zeit saßen wir nur
 
etwa 50 m entfernt im Keller, bis diese Aktion beendet war. Heute würde man in solchen Fällen
 
ganze Straßenzüge evakuieren.
 
 
 
 
 
Ein andermal schlugen vielleicht 100 m von unserer Wohnung entfernt 2 Bomben in ein
 
Wiesengelände. Die Bomben hinterließen 2 große Trichter, die sich mit Grundwasser füllten.
 
Und in diesen „kleinen Seen“ ließen wir dann selbst gebastelte Schiffchen (kleine Holzbrettchen)
 
schwimmen.
 
 
 
 
 
Dann kam die große Überraschung: Amerikanische Bomber warfen bei Tag eine Unmenge Stanniolbündel
 
ab. Sie sahen aus wie Lamettastreifen, nur mit etwa 2 cm erheblich breiter. Wir sammelten
 
die
 
Stanniolbündel und daraus konnte man dann mit etwas Geschick richtige Lamettastreifen für den
 
Christbaum herstellen.
 
Die Zivilbevölkerung hatte ursprünglich keine Ahnung, weshalb die
 
Stanniolbündel abgeworfen wurden. Man erfuhr es aber bald: Der sog. Düppelabwurf der
 
Stanniolstreifen hatte zur Folge, dass deutsche Radargeräte gestört wurden.
 
 
 
 
 
Anfangs 1945 verschlechterte sich die allgemeine Lage massiv: Wasserleitungen, Wasserwerke, stromführende Leitungen und
 
Elektrizitätswerke wurden von Bomben getroffen, mit der Folge, dass Strom nur noch stundenweise verfügbar
 
war und Wasser in den Haushaltungen auf Vorrat in großen Behältern - für den Fall des Ausfalls der
 
Wasserversorgung - bereitgehalten werden musste. In den letzten 4 Monaten des Krieges verknappten
 
sich Lebensmittel und alle Waren des täglichen Bedarfs. Allmählich
 
gab es immer weniger zu essen. Der Hunger hielt Einzug in Deutschland.
 
Das Kriegsende wurde herbeigesehnt; der Durchhaltewillen der Bevölkerung war gebrochen!
 
 
 
 
 
===Kriegsweihnachten 1944===
 
 
 
 
 
 
 
Nach damaligen Presseberichten war der Heilige Abend im sechsten Kriegsjahr in weiten Gebieten des Deutschen Reiches vom Heulen der Sirenen und in den Grenzgebieten vom Schlachtenlärm begleitet. Die noch nicht zerstörten Kirchen waren überfüllt.
 
 
 
 
 
Mein Vater war damals als Leutnant bei einer preußischen Division (Die 57. ID gab es ja nicht mehr) im Großraum Gumbinnen (Ostpreußen)
 
eingesetzt.
 
 
 
 
 
Um die Weihnachts- und Neujahrszeit 1944/45 herrschte an der Ostfront in Polen und im östlichen Ostpreußen relative Ruhe, von wenigen Scharmützeln abgesehen. Die Frontlinie verlief relativ stabil von der Ostseeküste bis in die Karpaten, dazwischen der »Große Weichselbogen«. Dies war ganz offensichtlich die trügerische Ruhe vor dem Sturm.
 
 
 
 
 
Auf russischen Seite wurde bereits für die Großoffensive im Januar 1945 aufgerüstet. Dies geschah an 3 großen Brückenköpfen: Magnussew, Pulawy und Baranow auf dem Ostufer der Weichsel.
 
 
 
 
 
An dieses Weihnachten 1944 kann ich mich noch gut erinnern. Geschenke gab es praktisch keine. Die Versorgung mit Lebensmitteln
 
war schon ziemlich schlecht und ein weihnachtliche Stimmung kam wegen der ständigen Bombenangriffe und Stromsperren nicht auf. Man ahnte
 
schon, dass dieser Krieg nicht mehr allzu lange dauern wird.
 
 
 
 
 
Etwas überraschend wurden dann die "Soldatenfrauen mit ihren Kindern" von der Orts-Frauenschafts-Leiterin der NS-Frauenschaft (es war wohl am 26.12.1944) zu einer Weihnachtsfeier im Saal eines HJ-Heimes eingeladen. Der Andrang war damals gewaltig. Für die Mütter gab es
 
Bohnenkaffee für die Kinder Kakao sowie Plätzchen und Stollen. Man sang gemeinsam Weihnachtslieder; die Kinder bekamen dann
 
eine recht große Tüte mit Äpfeln, Plätzchen, Trockenobst und Haselnüssen. Nur Schokolade war nicht dabei!
 
 
 
 
 
Die NS-Frauenschaft als Organisation der NSDAP hatte es damals wohl schon aufgegeben, Frauen dazu zu bewegen, der NSDAP beizutreten.
 
Man appellierte aber anlässlich dieser Feier an die "Soldatenfrauen" nach Möglichkeit der Gemeinschaft "zu helfen". Man suchte
 
Schaffnerinnen für die Bahn und Trambahn, Hilfskräfte für die Reichspost und u.a. auch Helferinnen für den Bahnhofsdienst. Meine Mutter ließ sich dazu überreden,
 
beim Bahnhofsdienst mitzuarbeiten. Das war die Nachfolgeorganisation der Bahnhofsmission unter der Leitung der NS-Frauenschaft.
 
Von Januar bis anfangs April 1945 arbeitete dort meine Mutter nachmittags mehrmals in der Woche. Augsburg war damals Endpunkt
 
und auch Durchgangsbahnhof für Verwundeten- und Flüchtlingstransporte, die es zu versorgen galt.
 
 
 
 
 
Eine Überraschung erlebte meine Mutter nach dem Krieg beim Entnazifizierungsverfahren. Wegen ihrer Tätigkeit beim Bahnhofsdienst geriet
 
sie in den Verdacht, Parteimitglied gewesen zu sein. Sie musste damals viel Nervenkraft unter Beweis stellen, bis Ende 1946 feststand,
 
dass sie nicht Mitglied der NSDAP war!
 
 
 
 
 
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Bild:Wintersonnenwende 1943.jpg
 
Bild:Weihnachten 1944.jpg
 
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Die "Frauen-Warte" war das offizielle Organ der NS-Frauenschaft. Interessant sind in diesem Zusammenhang die Ausgaben der Zeitschrift an Weihnachten 1943 und Weihnachten 1944. Während man 1943 noch atheistisch ausgerichtet war und das Wort "Weihnachten"
 
vermied und stattdessen von der "Wintersonnenwende" faselte, war das 1944 völlig anders. Im Dezember 1944 konnte man kaum noch die
 
Siegeszuversicht vom Endsieg unters Volk bringen. Das wussten die Parteiorgane damals ziemlich genau. Es galt im Dezember 1944 nur
 
noch, seitens der Partei zu versuchen, einen gewissen Zusammenhalt des Volkes bis zum bitteren Ende des Krieges zu gewährleisten.
 
 
 
Nun tauchten in der "Frauen-Warte" zu Weihnachten 1944 Texte auf, die geradezu religiös wirken:
 
 
 
...Trotz Kampf, Krieg und Tod bleibe uns Weihnachten - das Fest der Liebe - und der gläubigen Herzen....
 
 
 
Und wohl an Kinder gerichtet:
 
 
 
...Kaltes Haus und hartes Brot - laß das Fragen gehen. Einmal wirst du alle Not gut und recht verstehen....
 
 
 
===Kriegsende - und wie Soldaten die Schrecken des Krieges verarbeiteten...===
 
 
 
Mein Vater wurde im Februar 1945 in Ostpreußen schwer verwundet (Nierenbeckendurchschuss). Er lag zuerst im Kriegslazarett Zobbot und danach im Reservelazarett Rosenheim. Anfangs April 1945 wurde mein Vater von einem Stabsarzt "kriegsverwendungsfähig" (kv) geschrieben, obwohl seine Verwundung nicht ausgeheilt war. Er bekam einen Marschbefehl zu einer
 
sogenannten Alarmeinheit in München. Aber die US-Truppen rückten derart schnell vor, dass München bereits von den Amerikanern besetzt
 
war, als er seine Bahnreise antreten sollte.
 
 
 
Mit viel Glück entging mein Vater der Kriegsgefangenschaft und konnte in den Wirren der letzten Kriegstage sein Zuhause erreichen.
 
Die Städte lagen in Schutt und Asche; die Nahrungsmittelversorgung war nach Kriegsende praktisch zusammengebrochen. Aber man war
 
damals schon froh, wenigstens in einer von Bombenangriffen unbeschädigten Wohnung leben zu können. "Endlich keine Bombenangriffe mehr!"
 
Dieser Satz war damals fortwährend zu hören. Die Menschen fassten wieder Mut nach dem schrecklichen Krieg und lebten nach dem Motto:
 
Es kann nur besser werden....
 
 
 
Die US-Militärregierung entfernte nach Kriegsende Mitglieder der NSDAP aus allen öffentlichen Ämtern und Großbetrieben. Eingesetzt wurden  sogenannte Gegner des Systems - auch Kommunisten, die vielfach bei Behörden das Sagen hatten. Ehemalige Unteroffiziere
 
und Offiziere der Wehrmacht nannten diese "neuen Führungskräfte" abwertend Faschisten bzw. Militaristen. Aber allmählich kehrte auch im Nachkriegsdeutschland - schon zu Ende des Jahres 1945 - wieder eine gewisse Ordnung ein.
 
 
 
Den ehemaligen Soldaten der Wehrmacht bereitete es gewisse Probleme, die schrecklichen Ereignisse des Krieges zu verarbeiten. Mein Vater
 
hatte noch Jahre nach Kriegsende schlimme Träume, die dann immer wieder die Ostfront in Erinnerung brachten.
 
Trotz vieler Schwierigkeiten in den ersten Jahren nach dem Krieg verarbeitete die Masse der Soldaten ihre Kriegserlebnisse
 
durchaus gut. Sie sprachen oft über ihre Erlebnisse. Bei jeder Feier oder irgendwie gearteten Veranstaltung
 
saßen die Veteranen zusammen und tauschten ihre Erlebnisse aus. Für mich als Junge war einiges gewöhnungsbedürftig, weil vielfach
 
Begriffe des Soldatenjargons (Iwan, Spieß, Oberschnäpser, Zwölfender, Zigeuner-Artillerie, Obergefreiten-Dienstweg, Latrinenparole usw.) bei diesen Gesprächen fielen. Mein Vater klärte mich
 
jedenfalls auf und so konnte ich bald mit diesen Begriffen etwas anfangen. Bis Mitte der 50er-Jahre waren solche Gespräche unter
 
ehemaligen Soldaten gang und gäbe. Die Ehefrauen hatten weniger Verständnis für solche Gesprächsthemen und jammerten vielfach: "Mein Gott, jetzt reden die schon wieder vom Barras!"
 
 
 
Was mir damals auffiel, war der durchaus versöhnliche Ton, wenn es um Soldaten der Roten Armee ging. Man sprach immer nur vom "Iwan", von seinen Fähigkeiten als Soldat und
 
seinem Durchhaltewillen. Vielfach ging es auch um
 
Waffen und Ausrüstung der Roten Armee, die
 
nach den damaligen Aussagen der Veteranen oftmals besser waren als die vergleichbaren Dinge der Wehrmacht. Eine Besonderheit dieser Unterhaltungen ehemaliger Soldaten der Wehrmacht war die Tatsache,
 
dass die Gesprächspartner möglichst zur gleichen Waffengattung gehören mussten. Infanteristen unterhielten sich kaum über ihre Kriegserlebnisse mit ehemaligen Angehörigen der Marine oder der Luftwaffe; volkstümlich gesagt: "Man blieb unter sich!"
 
 
 
 
 
Diese "Gespräche" waren wohl für alle Beteiligten "hilfreich". Die ehemaligen Soldaten der Wehrmacht verarbeiteten damit auch
 
die schlimmen Kriegserlebnisse!
 
 
 
[[Bild:Schutt und Trümmer.jpg|thumb|Schutt und Trümmer 1945]]
 
 
 
 
 
* [http://www.grossvaterbriefe.de/ Großvaterbriefe]
 

Aktuelle Version vom 5. Oktober 2014, 16:30 Uhr

Orlamünde, Wilhelm (* 10.03.1914 - vermisst 06.1944 Minsk)

Orlamünde, Wilhelm.jpg

Dienstgrad

Feldwebel

Militärische Einheiten

Stab/Gren.Rgt.217

Hinweis

Der Soldat war 1939 beheimatet in Weihenstephan/Oberbayern; Beruf: Braumeister.